Let me play the lion too

Pianist Marino Formenti und die Kompanie errortheater laden zur Séance mit Mr. Showmanship persönlich: Liberace. Sie wagen den Blick hinter den Pailletten-Schleier und beschwören in einer musiktheatralen Zeremonie den Geist des legendären Starpianisten, um uns in Kunst und Abgrund eskapistischer Unterhaltung einzuführen. Im Glanz des Rampenlichts wird das Scheitern zum Spektakel.
Was ist das politische Potential purer Unterhaltung in einer brennenden Welt? Wie viel Bühnenpersona ist in Zeiten absoluter Transparenz noch vergönnt, und wo spricht man die Dinge aus, die die Show verschweigt? Die Komposition von Alexander Chernyshkov folgt Liberaces Lieblingsmusik von Rachmaninoff zu Weill, Chopstick und Strauß.
Eine Produktion von errortheater in Koproduktion mit Musiktheatertage Wien.
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Credits
Szenische Komposition: Alexander Chernyshkov
Regie, Bühne: Philipp Lossau
Kostüme: Alma Rothacker
Dramaturgie, Text: Maria Buzhor
Klavier, Performance: Marino Formenti
Stimme, Performance: Thorbjörn Björnsson
Percussion, Performance: Katelyn Rose King
Foto Joe Albrecht
Bios
Alexander Chernyshkov
Alexander Chernyshkov ist Komponist und Improvisator, dessen Arbeiten die Erweiterung klanglicher Möglichkeiten durch akustische und mechanische Erfindungen erforschen. Er baut Instrumente aus Rohren, Motoren, Relais und Elektromagneten, um Klang physisch zu formen. Sein künstlerischer Fokus liegt auf performativem Musiktheater, insbesondere innerhalb seiner Kompanie Error Theater, die Missverständnis und das Unvollendete als zentrale kompositorische Prinzipien rahmt. Seine Musik wurde von Ensembles wie musikFabrik, Nadar, PHACE und dem Moscow Contemporary Music Ensemble aufgeführt, bei Festivals wie Wien Modern, der Biennale Venedig und dem Maggio Musicale. Seine Theaterarbeiten wurden an der Opera Stabile Hamburg, der Oper Halle und der Deutschen Oper am Rhein inszeniert. Als ehemaliger Stipendiat der Akademie Musiktheater Heute erhielt er den NOperas!-Preis (2021) und gewann den FUX-Kompositionspreis (2025). Als Performer ist er in der Wiener Improvisationsszene aktiv, u. a. mit Franz Hautzinger und Marina Poleukhina. Seine Aufnahmen sind bei Pan Y Rosas und TOPOT erschienen.
Philipp Lossau
Philipp Lossau ist Regisseur und Ausstatter mit Schwerpunkt auf experimentellem und zeitgenössischem Musiktheater. Seit 2020 leitet er gemeinsam mit dem Komponisten Alexander Chernyshkov die Kompanie Error Theater, mit Auftritten bei Festivals wie steirischer herbst, Musiktheatertage Wien und der Deutschen Oper am Rhein. Er arbeitet mit Komponist:innen wie Saskia Bladt, Jesse Broekman, Marina Poleukhina und Diana Syrse sowie mit dem Ensemble Modern. Seine Arbeiten umfassen oft Musiktheater für und mit Kindern und Jugendlichen; seit 2021 leitet er die Reihe Allez Hop am Wiener Konzerthaus. Ausgebildet im Bühnenbild an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Anna Viebrock und Nina von Mechow war er Regie-Stipendiat der Akademie Musiktheater Heute. Von 2013–2018 arbeitete er eng mit Hans Neuenfels bei Produktionen an großen Opernhäusern und Festivals, darunter die Bayerische Staatsoper und die Salzburger Festspiele. Er wurde in Lörrach geboren und lebt derzeit in Wien.
Maria Buzhor
Maria Buzhor ist Dramaturgin, Autorin und Performerin, deren Arbeiten zwischen Oper, Performance und Politik angesiedelt sind. Als zentrales Mitglied des Kollektivs Hauen und Stechen entwickelt sie immersive und genreübergreifende Stücke, die sich aus dem Opernkanon und persönlicher Biografie speisen. Ihre Perspektive als ukrainische Migrantin prägt häufig ihre künstlerischen Erzählungen. Sie verfasste zahlreiche Libretti und Bearbeitungen, darunter Carmen (2017) in Paris und Kitesh (2020) an der Oper Halle, wo sie mit Alexander Chernyshkov zusammenarbeitete. Auf der Suche nach Polyphonie und radikaler Inklusion entwickelte sie gemeinsam mit Theater HORA Tristan und Isolde und gründete später das inklusive Ensemble Trisolde. Sie schrieb das Libretto für die Dorfoper Nacht von Allerheiligen (2021). Ihre prophetische Recherche zu Jeanne d’Arc und zur Oper Kitesh gewann neue Relevanz im Kontext des Ukrainekriegs. 2022 kuratierte sie Sound of the City an der Oper Wuppertal, das ukrainische Fechter:innen und lokale Kampfsportler:innen mit dem Opernensemble vereinte.
Marino Formenti
Marino Formenti ist Pianist, Dirigent, Komponist und Performancekünstler, von der Los Angeles Times als „ein Glenn Gould für das 21. Jahrhundert“ bezeichnet. Bekannt für seine radikalen Konzertformate und innovative Programmgestaltung entwickelt er musikalische Erlebnisse, die Werke, Kulturen und Epochen verbinden – oft in Settings, die traditionelle Konzertformen infrage stellen. In Projekten wie NOWHERE lebt und spielt er über Wochen hinweg an einem öffentlichen Ort, während ONE TO ONE zu privaten, intimen musikalischen Begegnungen einlädt. Er trat bei großen Festivals wie Salzburg und Luzern auf und spielte in Sälen wie dem Lincoln Center und der Wigmore Hall. Formenti arbeitete spartenübergreifend mit Künstlern wie Georg Baselitz und Hip-Hop-Musikern wie Megaloh zusammen und kooperierte mit zeitgenössischen Komponist:innen, während er für eine tief persönliche Interpretationshaltung eintritt. Er dirigierte an der Mailänder Scala und trat unter Dirigenten wie Dudamel und Salonen auf. Formenti lehrt am Mozarteum Salzburg und erhielt 2009 den Belmont-Preis.
Thorbjörn Björnsson
Thorbjörn Björnsson, geboren in Island, ist Sänger, Performer und Regisseur, bekannt für seine Arbeit zwischen Oper und experimentellem Theater. Er studierte Gesang an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin und arbeitete intensiv mit dem Regisseur David Marton an renommierten Häusern wie der Schaubühne Berlin, der Opéra de Lyon und den Wiener Festwochen. Sein Regiedebüt gab er mit Das Verein an der Neuköllner Oper sowie mit Holzfæller an den Sophiensælen. Björnsson ist regelmäßiger Kollaborateur des Kollektivs Hauen und Stechen, mit Auftritten u. a. an der Bayerischen Staatsoper, der Staatsoper Hamburg und weiteren. Er sang die Titelrolle in der Uraufführung von Kleist von Rainer Rubbert und spielte in Angela Schanelecs Film Der traumhafte Weg. In den letzten Jahren entwickelte er eine enge künstlerische Partnerschaft mit dem Komponisten Alexander Chernyshkov, mit gemeinsamen Projekten an der Deutschen Oper am Rhein und der Hamburgischen Staatsoper. Seit 2018 bildet er mit Julia Marx das Duo Björnsson/Marx.
Katelyn Rose King
Katelyn Rose King ist Musikerin, Performerin und Forscherin im Spannungsfeld von Theater, zeitgenössischer Musik und deren Zwischenräumen. Ihre aktuellen künstlerischen und wissenschaftlichen Interessen gelten postdigitalen Musik- und Theaterkulturen, elektronischer Erweiterung von Perkussion sowie feministischen Perspektiven auf trans/posthumanistische musikalische Praxis. Ihre Solopraxis verbindet Perkussion, erweiterte Vokaltechniken, Elektronik und physische Präsenz zu einer Auseinandersetzung mit Autorschaft, Komposition, Improvisation und klanglicher Immersion. Neben ihrer Soloarbeit unterrichtet sie, tritt in Popkontexten auf und ist auch im klassischen zeitgenössischen Perkussionsbereich aktiv. Ursprünglich aus Atlanta, Georgia, war sie in den USA, Kanada, der Schweiz und Österreich tätig. Sie lebt in Wien und promoviert im Bereich künstlerischer Forschung. Sie ist Fulbright-Stipendiatin und hat Abschlüsse der Hochschule der Künste Bern (MA in Komposition & Theorie mit Schwerpunkt Théâtre Musical), der McGill University (MMus in Perkussion) und der Kennesaw State University (BMus in Perkussion).
www.katelynkingpercussion.com
Errortheater
Errortheater ist eine musiktheatrale Befreiungsaktion. Alexander Chernyshkov ist studierter Komponist, seine Partituren umfassen Noten ebenso wie Situationen. 2016 gründete er Errortheater. 2020 kam Philipp Lossau dazu, er arbeitet in den Bereichen Ausstattung und Regie, am liebsten irgendwo dazwischen. Die Dramaturgin Maria Buzhor arbeitet seit der Stückentwicklung Eternal October an der Deutschen Oper am Rhein (2024) eng mit Errortheater zusammen.
Errortheater hat sich bereits mit zahlreichen Prod- und Destruktionen bei Festivals wie Biennale di Venezia, Steirischer Herbst und Häusern wie Radiokulturhaus Wien und Elektrotheater Stanislawski Moskau und die Deutsche Oper am Rhein eingenistet. Wiederkehrende Akteur:innen arbeiten in immer neuen und erweiterten Konstellationen an produktiven und störanfälligen Begegnungen.
Mit Liberace sind sie nach Trascrizione di un errore, No Distance Left to Sound und zuletzt Der Simmerring ein viertes Mal bei den Musiktheatertagen Wien zu Gast.